- Wie es ist eine Zeit auf der Lichtung zu
verbringen hab ich ja schon oft beschrieben.
Ganz anders und doch erstaunlicherweise
ähnlich ist das Leben auf dem Schiff.
- Wirklich feste Arbeitszeiten habe ich auch
hier nicht, sondern kann mir viel in gewissen Grenzen selbst einteilen.
Dafür kann es sein dass ich wann auch immer
gerufen werde, wann auch immer das Schiff bei Ankunft und Abfahrt oder beim
Ankern selbst in die Hand nehme.
- Viel meiner Zeit verbringe ich im Grunde auf
einem schwimmenden Büro wo der Computer mein hauptsächliches Arbeitsgerät ist.
Das Allermeiste wird via Mail abgewickelt und
auch die Administration der Besatzung und des Fahrzeuges ist digitalisiert.
- Ein ganz „normaler“ Arbeitstag fängt meist
so gegen sechs in der Früh an, im Winter später. Von da bis Abend gegen 23 Uhr
steht meine Tür zur Hütte auf und damit gebe ich das Signal: ich bin erreichbar
für die Besatzung.
Verschlafen kann ich mich sowieso nicht, denn
wenn ich gebraucht werde, dann klingelt das Telefon.
Das kann dann auch morgens um zwei Uhr sein.
Ich habe Tage an denen ich effektiv mal zwei
Stunden arbeite, ich habe Tage (zum Glück selten) da komme ich vierundzwanzig
Stunden nicht aus den Klamotten.
Das Wohlergehen von Schiff und Mannschaft
liegt mir sehr am Herzen und deren Sicherheit kommt vor allem anderen.
Da gibt es nichts zu diskutieren! Auch nicht mit dem Reeder.
- Es ist eine andere Welt als die meisten
sie kennen. An 365 Tagen und vierundzwanzig Stunden täglich ist immer jemand
auf Wache, das Schiff schläft nie.
Wir wissen noch lange nicht immer wohin es
morgen geht, ja selbst so wie heute, wo es erst hieß um 20 Uhr „alongside“, so
lagen wir dann schon um 11 Uhr am Kai.
Nichts ist wirklich sicher an Bord bevor es
nicht passiert ist.
- Wir sind zehn Besatzungsmitglieder die das
Schiff in Gange halten und noch dazu eine bunte Mischung. Wir kommen von den
Philippinen und von Polen, Schweden und Lettland, ein „halber“ Däne und ein Deutscher...und
die Zusammenarbeit funktioniert!
Sprache an Bord ist Englisch, bei Mails
ebenso.
- Selten dass ich während den fünf oder sechs
Wochen an Bord einen Fuß an Land setze weil wir entweder in einem Hafen liegen
wo das alles viel zu viel Aufwand bedeutet, oder weil ich keine Lust habe wenn
die Nacht lang war.
- Die Verantwortung für das Schiff zu achseln
fällt mir meist sehr leicht, besonders wenn ich meine Arbeit "spielend" erledige. Aber es gibt auch Stunden, da lastet sie schwer auf mir.
So wie bei Sturm und Dunkelheit die Küste von Norwegen
auf einem gewaltig rollendem Schiff anzulaufen wo die Brandungen des Atlantiks nicht
weit vom Schiff hochpeitschen ist schon ein Erlebnis der „besonderen Art“.
Und in den Stunden die das dauert gehen solche Gedanken durch den Kopf
wie: hoffentlich bleibt jetzt die Maschine nicht stehen und wenn, was dann?
Im Nebel die enge Rinne bei Kopenhagen mit
gerade mal 50 cm Wasser unter dem Kiel zu steuern verlangt gute Nerven.
Oder in St. Petersburg, als das ganze Schiff stromlos wurde gerade
als wir den Hafen verlassen hatten, das Schiff manövrierunfähig war und, als
wäre es geplant in das nächste Hafenbecken gierte!
Wäre das hundert Meter vor- oder nachher
geschehen, dann hätten wir eine Betongmauer gerammt!
Eine Nacht im Januar dieses Jahres wo es zum Orkan
aufblies, wir aber zum Glück Skagen als Wellenschutz hatten, da habe ich kein
Auge zugetan. Ich hatte beschlossen im Kattegat auf und nieder zu segeln
anstatt zu ankern, denn ein Schiff das um sich Wasser hat ist immer sicherer
als eines welches vor Anker liegt.
Auch das war eine Nacht wo ich alleine war...
- Man kann noch so tüchtig sein, hat man kein Glück,
dann kann es gewaltig schief gehen.
- Aber meist läuft die Arbeit vor sich hin,
vieles baut auf Routine und da ich meiner Mannschaft vertraue, so mische ich
mich äußerst selten ein in deren Arbeit.
Und es sieht so aus als wären wir alle damit
bisher ganz gut gefahren...oder besser: gesegelt!
- Es gibt aber auch Tage, da habe ich das Gefühl
ich bekomme meinen Lohn geschenkt!
Bei gutem Wetter ist die norwegische Küste
eine der Weltschönsten.
Wie hier, dieses Jahr um Mitternacht am Mittsommer.
- Ja, es ist der Gegenpol vom Waldleben...und
in der Spannweite dazwischen versuche ich meinen eigenen Kurs zu halten ohne dabei
auf Grund zu gehen oder gar Schlimmeres.
***
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