- Mittlerweile ist die Zeitspanne in der ich mein Leben in Schweden verbracht habe länger geworden als meine Zeit in Deutschland.
Auch wenn der kulturelle Unterschied nicht sehr groß ist, so ist er dennoch da und es ist nicht zu verleugnen, dass die jungen Jahre mehr prägen, als Jahre im späteren Leben.
- Aber zu meinem eigenen Erstaunen, so stelle ich fest, dass diese Lichtung, dieses kleine Haus mir das Verständnis für das neue Heimatland wesentlich näher gebracht haben.
- Ich gehe tatsächlich in mein fünftes Jahr als Verwalter dieses ”Torps” und die Tage und Nächte die ich zu jeder Jahreszeit hier verbracht habe, hinterlassen ihre Spuren denn das Haus hat Wurzeln die 160 Jahre zurück reichen und die ich hautnah zu spüren bekomme.
- Als das Haus erbaut wurde, lebten ungefähr 3,5 Millionen Menschen in Schweden und es gab schätzungsweise 100.000 solcher ”Haushalte”.
Die Kinderschar war trotz diesen engen Verhältnissen groß und sechs Kinder keine Seltenheit, so bedeutet das, dass ein großer Teil der Bevölkerung auf solch einfache, ja primitiven Art und Weise ihr Leben fristeten.
- Und dabei befanden sie noch nicht auf der untersten Stufe der Klassenleiter wenn man bedenkt, dass zu der Zeit sogar Menschen auf Auktionen von Bauern als Arbeitskraft gekauft wurden.
- Ja, es ist unglaublich, aber die Ärmsten der Armen wurden in Schweden und auch in Finnland feil geboten und konnten gekauft werden von der Gemeinde die mit dem Geld jenige welche ohne jegliche Versorgung waren zu unterstützten.
Ein Menschenleben war wenig wert zu der Zeit.
- Wie hart das Leben damals war, wie entbehrungsreich und arm, davon kann man sich heute kaum eine Vorstellung machen. Der Hunger war nie weit weg oder oft sogar ein Mitbewohner.
Die Sanitären Verhältnisse waren mehr als bescheiden wenn man bedenkt wie eng die Menschen gewohnt haben. Noch dazu, dass man in strengen Wintern die ein oder zwei kleinen Zimmer mit Hühnern und selbst dem Hausschwein teilte, damit die Tiere nicht erfroren.
- Kein Wunder dass der Schnaps reichlich floss, ja sogar als Bezahlung diente...und das Elend nur noch vergrößerte.
- Ich versuche oft, mir ein Bild zu machen wie sich das Leben hier wohl abgespielt hat und weiß nur zu wohl, in welchem Luxus und Überfluss ich mich befinde verglichen mit der Familie die hier lebte. Ich bin reich wie ein König im Vergleich.
- Und doch, so bekomme ich einen Eindruck wenn ich bei der Gartenarbeit oder beim Holz machen schwitze oder in ein kaltes Haus komme und ich den Atem sehe.
Vor allem an kalten, dunklen Winterabenden und langen eisigen Nächten so rückt diese nicht so abgelegene Zeit näher und ich fange an, die „Volksseele“ zu verstehen.
- Hunger, Kälte, Elend, Armut, bittere Not, Trunkenheit, Einsamkeit, Schwermut, Kälte, Dunkelheit, harte Arbeit nur um die Notdurft zu decken (und selbst das reichte nicht immer).
Rechtlosigkeit ( ein „Torpare“ was nicht einmal Besitzer der armseligen Behausung, sondern durfte als Tagelöhner dort wohnen und wurde oft vertrieben, wenn die Arbeit nicht mehr erbracht werden konnte) bis hin zur Sklaverei mit der Demütigung die damit verbunden ist.
Die Liste kann noch viel länger gemacht werden.
- Seit ich hier Zeit verbringe, so kann ich besser verstehen, warum es die Menschen geprägt hat, sie noch immer wenig Worte machten, viele noch immer Probleme mit dem Alkohol haben warum harte Arbeit ohne zu murren noch immer ein selbstverständlicher Teil für viele, hauptsächlich der älteren Generation, ist.
Ich kann verstehen, dass die Schwermut lauert die der Winter mit sich führt, warum Gleichberichtigung wichtig ist und der soziale Gedanke (noch) das politische Leben beeinflusst.
- Und ich bin mir meinem Reichtum bewusst ohne ihn als etwas Selbstverständliches hin zu nehmen.
Selbst dieses einfach Haus, das ja verglichen mit meiner Umwelt „arm“ ist, wäre vor gar nicht langer Zeit ein unerreichbarer Luxus für den allergrößten Teil der Bevölkerung gewesen.
- Dies alles ist wesentlich gegenwärtiger auf „Svenserum“, als es in einer Stadtwohnung mit Zentralheizung und fließendem Wasser je sein kann.
- Das sind ein Teil der Wurzeln von dem Land welchen ich auf diesem kleinen Fleck mitten im Wald begegnet und ein gutes Stück näher gekommen bin, ein Fleck der nach vier Jahren erleben auch einen Teil meiner Wurzeln ausmacht.
2 Kommentare:
Schöner Beitrag mit interessanten Fotos!
Ja man sollte öfter dran denken, dass es vor gar nicht langer Zeit so zu ging und wir heute wahrlich sehr luxuriös wohnen und das oft nicht mal schätzen.
Ich les hier immer wieder gern (als absoluter Schweden- und *einfach-Leben-Fan*.
Liebe Grüße
Hej Regenfrau
Danke, und ja, ich denke es ist richtig sich immer wieder darueber bewusst zu werden: unser reicher Lebensstil ist die Ausnahme, nicht die Regel fuer die Weltbevölkerung.
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