„Sag, Waldfreund, kam ich Dir nicht vielleicht bekannt vor als ich mich zu dir an Dein Feuer setzte?
- Du hattest recht mit Deinem Gefühl, ich bin Dir bekannt, nur hast du mich vorher noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen. Das ist auch ein Grund, warum ich Dich eben vorsichtig abgeschätzt habe, denn nicht jeder ist bereit sich zu öffenen für das was ich dir erzählen will.
- Aber da Du fragst und es wissen willst und keine Angst selbst vor dem Nichts und dem was dahinter kommt hast...“ und hier lächelte die Frau den Mann an. „Ja, ich weiß wo Du warst! Du ahnst meine Antwort wohl schon!¨
- Ich bin Deine Weisheit und Torheit, Dein Wissen und Deine Dummheit, Deine Gefühle, Ahnungen und Intuition. Ich bin Deine Phantasie und Dein Geist, Dein Mut und Deine Angst, Deine Freuden und Sorgen. Ich bin Deine Träume, Möglichkeiten und Dein Wille und bin nur durch Dich. Und ich bin die Frau in Dir, denn jeder Mensch trägt auch seinen Gegenpol in sich und nur das Mehr oder Weniger entscheidet, wohin sich die Wagschale letzendlich neigt. Wir könnten die Plätze tauschen, und doch würde sich am Menschsein nichts ändern, nur an den Erfahrungen.
- Ich bin Dein Sein, Dein Gewesenes und Dein Werdendes. Ich bin Dein gesammeltes Bewusstsein und Unbwusstsein, ja selbst Dein Unterbewusstsein und habe auch aus ihm zu Dir gesprochen heute. Danke dass Du mich so freimütig hast zu Worte kommen lassen. Nicht jeder hat den Mut oder die Stärke dazu sollst Du wissen. Oder den Willen.
- Ja, Du Wanderer durch die Zeit, zwischen, ja selbst bis hinter die Welten, alles was Du diese Nacht erlebt hast war, selbst wenn Du nur sieben ganze Worte hervorgebracht hast, ein Zwiegespräch mit Dir selbst, denn wir sind eins. Ich bin Dein Herz und Deine Seele. ¨
Du warst der Erschaffer Deiner eigenen Welt in den vergangenen Stunden, so wie jeder Mensch sich seine eigene Welt letztendlich formt nach den Möglichkeiten und Erfahrungen die ihm gegeben sind und denen er teilhaftig geworden ist.
Ich bin Du!"
- Als sie geendet hatte bedurfte es keiner Worte mehr zwischen ihnen. Alles war gesagt...aber noch nicht getan.
Wie selbstverständlich öffnete daher der Mann seinen Lodenmantel und genau so selbstverständlich nahm die Frau bei ihm Platz. Er schlug den weiten Mantel um sie, spürte die Wärme die von ihr ausging und...
...schlief ein.
- Seine letzte Einsicht nach dieser wahrlich eigenartigen Reise durch die Zeit der Nacht war tief mit seinem Gefühl verbunden: "Nach einer langen Wanderung bin ich schliesslich bei mir selbst angelangt."
- Und noch während das Feuer seine letzte Wärme verströmte und leise, mit sprödem Knacken zu einem Haufen Glut zusammensank, so dämmerte im Osten ein neuer Morgen heran.
***
3 Kommentare:
*seufz* Herzlichen Dank!
Wie schöön!!
wirklich schön zu lesen, danke!
Kommentar veröffentlichen