27. September 2009

Erzählung aus der "Anderswelt"

Die Nacht stand schwarz und dicht, keine Stern, kein Mond und nur das Feuer hielt die Bodenkälte davon ab, langsam unter den dicken Lodenmantel zu kriechen.

- Wie er hier hingekommen war, wusste er nicht, nur dass der Weg weit und ihn durch fremde Welten geführt hatte. Was er hier wollte hatte er irgendwo auf dem Weg vergessen und erschien ihm auch nicht mehr so wichtig. Wohin er sich wenden würde am nächsten Tag war jetzt, in der Nacht gleichgültig, hatte kein Bedeutung für ihn.

- Aber er wusste, nein spürte eher, dass er am Feuer an diesem Platz richtig war und damit war er es zufrieden. Ein paar Funken stieben in den dunklen, wolkendicken Himmel als er einen trockenen Ast nachlegte.

- Ob es Regen geben wird, war ein Gedanke der ihm durch den Kopf ging, aber auch diese Möglichkeit ließ ihn seltsam unberührt. Tee hatte er gebraut von frischen Kräutern die er tagsüber auf seiner Wanderung gesammelt hatte und jeder Schluck wärmte von innen.

- „Man sollte nicht eine solche Nacht alleine an einem Feuer verbringen.“ dachte er gerade als er meinte eine Bewegung in den Augenwinkeln zu sehen.
Er drehte sich um, aber nichts war zu sehen und als er wieder gedankenverloren ins Feuer schaute, sah er eine menschliche Gestalt ihm gegenüber sitzen, gekleidet wie er, wie jemand, der auch eine lange Wanderschaft hinter sich hatte und sie erschien ihm eigenartig bekannt.

- Überrascht schaute er in den Schatten unter der Kapuze und konnte ein funkelndes Augenpaar ausmachen das ihn durchdringend anschaute. Aber keine Feindschaft ging von ihr aus, sondern besonnene Ruhe und ein leichtes Kopfnicken verstärkte diesen Eindruck noch.

- „Dies ist keine Nacht, um alleine am Feuer zu sitzen.“
Damit sprach sie genau seinen Gedanken aus, der ihm noch eben durch den Kopf ging. Und mit diesen Worten schob die Gestalt die Kapuze zurück und zu seiner Überraschung sah er sich einer Frau unbestimmbaren Alters gegenübersitzen.
Ihr Gesicht wirkte jung und entspannt, ihre Augen aber verrieten ihm, dass sie schon viel gesehen und tief aus dem Kelch des Lebens getrunken hatte.

- „Denn dies ist eine Nacht, in der die Wölfe heulen!“ Und kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, so drang ein Ruf an sein Ohr, dass ihm ein leichter Schauer den Rücken entlang lief.
"Wölfe gibt es doch keine mehr hier in dieser Gegend" war sein Gedanke aber ein neuer Ruf erscholl und diesmal schon näher. Und dann erschien ein großer Grauer am Rande des Feuerscheins, kam langsam näher und auf ein kurzes Zeichen hin legte er sich neben die Frau.

- Er war so erstaunt, dass er kein Wort über die Lippen brachte. Stattdessen hörte er die Unbekannte doch gleichzeitig auf seltsame Art Vertrautvorkommende etwas murmeln und kurz darauf fing es an im Unterholz sachte zu knacken.
Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Eine alte Eiche schob sich wie von Geisterhand näher an ihn heran, oder war es der Elch mit vierzehn Enden an seinen großen Schaufeln, der sie schob? Aber nein, er ging nur gemächlich wiegend im Passgang nebenher.
Er schüttelte den Kopf und fragte sich ob einige der Kräuter in seinem Tee nicht so bekömmlich waren als ein Rauschen ihn aufblicken ließ und er einen Adler sah der sich schattenhaft auf dem untersten Ast der Eiche niederließ.

- Viel Fremdes hatte er auf seinen Reisen in ferne Länder ja schon erlebt, aber das hier....
Und so wunderte er sich schon nicht mir, als ein Geschöpf, mädchengleich, und doch wieder nicht, und obendrein fast durchsichtig, sich plötzlich neben ihm befand und auf deren Schulter eine Libelle mit bläulichschimmernden Flügeln saß. Ein unbestimmbares Leuchten ging von ihr aus und er dachte an die funkelnde Milchstrasse, die er oft in sternklaren Nächten sprachlos angeschaut hatte.

- Als er noch einen trockenen Ast auf das Feuer nachschob weil ihn fröstelte, hub die Eiche mit rauschender Bassstimme an zu erzählen...

***

2 Kommentare:

Spunk hat gesagt…

"Hey, Seebär...",

eine Stimme flüsterte leise in sein Ohr und etwas zupfte ihn am Lodenmantel "kannst Du bitte noch einen weiteren Ast auf's Feuer legen? Mir laufen gerade ein paar Wiedersehensfreudentränen aus den Augen und ich hab' Angst, daß sie das Feuer löschen könnten."

Während der Seebär sich nach vorne beugte, um noch einen Scheit nachzulegen, ließ die Sprecherin behutsam eine Träne erst auf ihre Fingerkuppe rollen, wo sie erstarrte, und danach sanft an den Rand des Feuers kullerte. Täuschte der Seebär sich, oder war darin tatsächlich die alte Eiche zu erkennen, die jetzt endlich, nachdem sie tief Luft geholt hatte, zu erzählen begann...

Kap Horn hat gesagt…

Hej Spunk

Nein, der Seebär täuschte sich nicht, denn heute war sein Blick klar und geschärft.
Es war ihm so, als hätte der Adler etwas in die Augen mit seinem Fluegelschlag bei der Ankuft geweht.